Europapolitik
Die Jungfreisinnigen Schweiz stehen für eine offene und liberale Aussenpolitik, basierend auf einem ausgebauten und weitreichenden Freihandel. Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist von zentraler Bedeutung und muss erhalten bleiben, ohne dabei Einbussen in der direkt-demokratischen Selbstbestimmung unseres Landes hinzunehmen. Unsere Aussenpolitik basiert auf dem Prinzip der Neutralität. Die Schweiz hat sich konsequent kriegerischen Interventionen zu enthalten und jegliche Bündnisteilnahme (Bsp. Nato) wird abgelehnt. Als mit der Neutralität vereinbar sehen wir einzig die Unterstützung und Initiierung von Sanktionen gegen militärisch aggressive Staaten, sofern und soweit sie aus Völkerrecht erfolgen und keinen direkten Positionsbezug in einer kriegerischen Auseinandersetzung bedeuten.
Beibehaltung der bilateralen Abkommen als Königsweg zu den Beziehungen mit der EU
Der Bundesrat prüft die aktuellen Bedingungen und faktischen sowie rechtlichen Konsequenzen aller möglichen europapolitischen Wege im aktuellen Zeitpunkt und führt eine breite Vernehmlassung durch.
Die flankierenden Massnahmen sind so weit restlos zu streichen, als dass sie über das Mass hinausgehen, welches sich mit den Grundfreiheiten der EU verträgt. Illiberale und protektionistische Arbeitsmarktregulierungen sind durch verhältnismässigere (EU-konforme) Regulierungen zu ersetzen (Bsp. höhere Sanktionsmöglichkeiten für straffällige Unternehmen anstelle von übermässigem Lohnschutz).
Die Jungfreisinnigen erachten die bestehenden Bilateralen Verträge als Königsweg und der Zugang zum EU-Binnenmarkt ist fundamental für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Schweiz. Dieser ist unbedingt zu erhalten, ohne die direkt-demokratische Selbstbestimmung der Schweiz zu beschneiden.
Eine Weiterführung der instabilen Beziehung zur EU ist aus Sicht der Jungfreisinnigen kein gangbarer Weg. Der Bundesrat muss das Verhandlungsmandat erhalten, alle politisch und faktisch möglichen europapolitischen Wege der Schweiz zu analysieren und deren Konsequenzen sowie Voraussetzungen aufzuzeigen. Es ist eine breite Vernehmlassung durchzuführen.
Die flankierenden Massnahmen (Anmeldefrist, Kautionspflicht, Kontrollmechanismen in den sogenannten risikoreichen Wirtschaftssektoren, etc.) verletzen in weiten Teilen die Grundsätze der EU (Freihandel, freier Personenverkehr). Die flankierenden Massnahmen sind illiberal – sie dienen primär den Interessen der schweizerischen Gewerkschaften, welche (auch aus monetärem Interesse), gestützt auf eine ausgebaute Abschlusskompetenz von Gesamtarbeitsverträgen, den Markt verzerren. Viele weitere protektionistische Massnahmen, wie die Anmelde- und Kautionspflicht, führen zu massiven Beschränkungen des gleichberechtigten Personenverkehrs im beruflichen Umfeld, verglichen mit unseren Handelspartnern in der EU. Sie sind zudem der grösste Hemmschuh in den Verhandlungen um die Weiterentwicklung der Bilateralen Verträge und sind so weit zu streichen, als dass sie über das Mass hinausgehen, welches mit den Grundfreiheiten der EU vereinbar ist. Die Weiterentwicklung der Bilateralen Verträge ist anzustreben, soweit mit den Forderungen dieses Papiers vereinbar.
Aufrechterhaltung des Schengen-Dublin-Abkommens
Im Rahmen des Schengenabkommens lehnen die Jungfreisinnigen Eingriffe in fundamentale individuelle Freiheitsrechte jeglicher Art ab. Schengen-Dublin ist für die Schweiz sicherheits- und asylpolitisch sehr wichtig. Das Abkommen ist zu erhalten. Verschärfungen des Waffenrechts für Zivilpersonen im Rahmen des Schengenabkommens werden abgelehnt.
Weiterentwicklung Bilaterale und institutionelles Regeln mit der EU
- Der EU-Beitritt wird abgelehnt.
- Die automatische Rechtsübernahme von EU-Recht im schweizerischen Recht wird in allen bestehenden und künftigen Abkommen mit der EU abgelehnt.
- Die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie der EU wird integral abgelehnt.
- Es sind keine neuen Guillotineklauseln in bestehenden oder neuen Abkommen mit der EU vorzusehen.
- Die Beurteilung und Auslegung schweizerischen Rechts bleiben ausschliesslich dem Bundesgericht vorbehalten (inkl. dynamisch übernommenen Rechts aus jeglichen Abkommen mit der EU).
- Bei abweichenden Rechtsauffassungen hinsichtlich der Regulierungen, welche sich auf Abkommen zwischen der Schweiz und der EU beziehen, kann die EU eine nicht bindende Auslegung durch den EuGH vornehmen lassen. Die Streitbeilegung bei divergierenden Rechtsauffassungen erfolgt durch eine ausgeglichene paritätisch besetzte Schlichtungsbehörde.
- Einseitig diskriminierende Massnahmen sind vertraglich zu untersagen.
Der Souverän muss bei der Übernahme von EU-Recht jeweils das letzte Wort haben. Die automatische Rechtsübernahme wird abgelehnt. Die direkt-demokratische Entscheidungsgewalt muss in Bezug auf die in der Schweiz geltenden Regulierungen unbedingt erhalten bleiben. Politische Entscheide oder Unstimmigkeiten bei der Umsetzung von Anpassungen des EU-Rechts dürfen keine automatische Kündigung der bilateralen Verträge nach sich ziehen. Eine Abkommenskündigung kann nur durch einen expliziten Entscheid einer Vertragspartei zustande kommen.
Auslegungsprobleme sollen, wie bei bilateralen Verträgen unter gleichberechtigten Partnern üblich, durch eine Schlichtungsbehörde, die zu gleichen Teilen mit Vertretern der EU und der Schweiz besetzt ist, bereinigt werden. Eine Auslegung oder die verpflichtende vorfrageweise Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs oder anderer Organe sowie Kommissionen der EU als einzig relevante urteilende Behörde lehnen wir ab. Die Schweiz darf aufgrund des Streitbeilegungsmechanismus keiner Fremdbestimmung unterliegen. Zur Auslegung schweizerischen Rechts bleibt einzig das Bundesgericht zuständig.
Einseitige Befugnisse der EU, Straf- oder Zwangsmassnahmen (Diskriminierungsmassnahmen) gegen die Schweiz verhängen zu dürfen, lehnen wir ab. Es soll kein Überwachungsorgan etabliert werden, welches laufend die Einhaltung der bilateralen Verträge kontrolliert. Der Jungfreisinn verurteilt unsachliche und zusammenhangslose Massnahmen der EU gegen die Schweiz scharf (Bsp. Aberkennung der Börsenäquivalenz, Ausschluss Erasmus, Ausschluss Horizon Europe). Diese Art der Verhandlungsführung entspricht keinem gleichberechtigten Verhältnis unter Vertragspartnern. Die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie der EU wird abgelehnt. Über die (freiwillige) Kohäsionsmilliarde hinausgehende finanzielle Zuwendungen an die EU werden abgelehnt.
Im Falle eines Scheiterns des institutionellen Weges:
Die Voraussetzungen sowie die Konsequenzen eines EWR-Beitrittes zum aktuellen Zeitpunkt sind zu prüfen.
Die Beibehaltung der Bilateralen unter Etablierung institutioneller Regelungen gilt für uns als Königsweg. Für den Fall des Scheiterns dieses Weges, ist der Bundesrat in der Pflicht, alle möglichen Wege zu prüfen. Mit dem EWR-Beitritt würde sich die Schweiz zwar an ein zwischenstaatliches Konstrukt mit gewissen rechtlichen Konsequenzen und einer bedenklichen Nähe zur EU binden, entledigt sich aber gleichzeitig des Drucks eines EU-Beitrittes und hätte vollen Marktzugang. Des Weiteren stärkt die Schweiz ihre Verhandlungsposition durch das Bündnis mit mehreren wirtschaftlich bedeutsamen Partnern. EFTA-Überwachungsbehörde und EFTA-Gerichtshof sind gemeinsame Organe der EFTA-Staaten und keine EU-Organe.
Die Schweiz muss auf dem Verhandlungsweg eruieren, welches die heutigen Voraussetzungen und Konsequenzen eines EWR-Beitrittes wären. Die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie ist hinsichtlich des Zugangs zu jeglichen Sozialwerken aber auch bei einem EWR-Beitritt abzulehnen.
Unsere Forderungen
- Aufrechterhaltung des Schengen-Dublin-Abkommens
- Beibehaltung der bilateralen Abkommen als Königsweg zu den Beziehungen mit der EU
- Ablehnung der automatischen Übernahme von EU-Recht
- Schlichtungsbehörde muss zu gleichen Teilen aus Vertretern der EU und der Schweiz bestehen.
- Falls die Fortsetzung der bilateralen Abkommen scheitert, Prüfung der Bedingungen und Folgen eines EWR-Beitritts